Oberstufe

A.14 | Stammfunktionen bzw. Integrale

Die Stammfunktion einer Funktion braucht man, um diverse Flächen zu berechnen. Bei anwendungsbezogenen Aufgaben ist Stammfunktion meist eine Gesamtmenge (z.B. wenn f(x) die Anzahl von Würstchen beschreibt, die eine Imbissbude verkauft, beschreibt die Stammfunktion die Gesamtanzahl aller Würstchen vom Zeitpunkt A bis zum Zeitpunkt B). Fast jeder Funktionstyp hat andere Regeln zur Bildung der Stammfunktion, d.h. man muss die verschiedenen Regeln für Polynome, Exponentialfunktionen, sin- und cos-Funktionen kennen. Bemerkung: „Stammfunktion bilden“ ist mehr oder weniger das Gleiche wie „integrieren“ oder „Integral bilden“.

 

Stammfunktionen braucht man, um Flächen zwischen Funkionen zu berechnen. Im Gegensatz zu Ableitungen, wo man jede Funktion ableiten kann, kann man nicht jede Funktion integrieren [= „aufleiten“ = „Stammfunktion bilden“].

Im Allgemeinen kann man keine Produkte und keine Brüche integrieren.
Produkte kann man nur mit der „Produktintegration“ aufleiten. An vielen Schulen lernt man das aber nicht.
Zu den Brüchen: Ein paar Ausnahmen von Brüchen kann man aufleiten. →siehe hierzu Kap A.14.05 und A.14.06

Eine Stammfunktion bezeichnet man meist mit Großbuchstaben:  F(x), G(x),..

 

[A.14.01] ganzrationale Funktion integrieren -- Polynome

Vorgehensweise: Die Hochzahl wird um eins erhöht, die neue Hochzahl kommt in den Nenner.
Die allgemeine Formel lautet:

 

Beispiel a.

Die Integrationskonstante „c“ steht für eine beliebige Zahl, die man hinter die Funktion F(x) dranhängen kann. [Macht man nämlich die Probe und leitet F(x) wieder ab, erhält man f(x), egal welche Zahl man für „c“ gewählt hat.] Meistens lässt man das „c“ weg.

Beispiel b.

Beispiel c.

 

 

[A.14.02] Wurzel und Bruch integrieren

Wie für die Ableitungen auch, kann man Wurzeln und Brüche zum Aufleiten ebenfalls häufig umschreiben. Bei Brüchen der Form bringt man den Nenner von unten hoch in den Zähler, in dem man das Vorzeichen der Hochzahl ändert.
Wurzeln schreibt man um, in dem man aus der Hochzahl von „x“ einen Bruch macht.

Beispiel d.

 

 

[A.14.03] einfache verkettete Funktionen integrieren -- Lineare Substitution

Mal ganz blöd gesagt:  Wie beim Ableiten auch, erkennt man eine verkettete Funktion an einer Klammer die eine Hochzahl hat, einem Sinus oder Kosinus vor der Klammer oder daran, dass „x“ in der Hochzahl einer e-Funktionen steht.
Zum Integrieren macht man eine Umkehrung der Kettenregel.
Man nennt das Integrieren von verketteten Funktionen auch lineare Substitution.

Beispiele für verkettete Funktionen:
f(x) = 3(2x–4)6
g(x) = 3·(5–4x)-3


j(x) = sin(2–x)
k(x) = 6cos(x²+1)
l(x) = etx-1

Beispiele für keine verkettete Funktionen (trotz Klammer):
f(x) = x·(2x–4)
g(x) = 3x·(5–4x²)
h(x) = (x+1)·sin(x)
k(x) = (x²–1)·ex
[Es handelt sich hier hauptsächlich um Produkte. Dafür braucht man die Klammern.]

Die wichtigste Idee bei der Bildung der Stammfunktion ist die, dass die innere Ableitung der Funktion [also die Ableitung der Klammer] in den Nenner muss.

Beispiel j.
f(x) = 3·(2x–4)6
Bestimmen Sie die Stammfunktion F(x)!

Lösung:
Zum „Aufleiten“ ignoriert man zuerst das Innere der Klammer, man denkt also nur an  „3·( )6“.
Die Stammfunktion von  3·( )6  gibt  ,  das Innere der Klammer bleibt immer unverändert.
Das Einzige was noch fehlt, ist die innere Ableitung der Klammer „2x–4“, die in den Nenner muss.
Die Ableitung von „2x–4“ ist „2“.

 

Ein Kosinus kommt zu einer Sinus-Party. Die Party geht zwar voll ab, aber überall sind nur Sinuse. In der Küche, in allen Zimmern, an der Musikanlage und an der Bar. Der Kosinus wird allmählich ganz geknickt, da er ganz allein ist und zieht sich traurig und einsam in eine Ecke zurück. Da kommt ein Sinus vorbei, legt ihm eine Hand auf die Schulter und sagt: „Hey, jetzt integrier dich doch mal!“

 

 

[A.14.04] Stammfunktionen, die zum ln(..) führen

Brüche, die oben nur eine Zahl haben und unten nur ein „x“ ohne Hochzahl, kann man nicht mit normalen Integrationsregeln aufleiten.
Nach der „normalen“ Regel wäre:

Ein Bruch, in welchem sich ein oben nur eine Zahl befindet und unten ein „x“ ohne Hochzahl, hat als Stammfunktion den Logarithmus (ln).


Beispiel p.

Steht beim „x“ noch eine Zahl, wendet man die Kettenregel für die Integration an (man teilt also durch die innere Ableitung).
Man könnte sich folgende allgemeine Regel merken:

Beispiel q.


 

 

[A.14.05] Produkt-Integration

Die Produktintegration heißt auch partielle Integration und man wendet sie an, wenn man ein Produkt integrieren muss. [Das sagt ja schon der Name aus.] Es gibt eine Formel dafür, die wendet man an und ist glücklich [oder auch nicht].
Ungewöhnlich an der Formel ist eventuell die Tatsache, dass man nicht in einem Schritt fertig ist. Die Formel wandelt im Wesentlichen die Funktion, die man integrieren will, in ein anderes Integral um. Wenn dieses neue Integral dann nicht einfacher ist, hat man Pech gehabt.
Also: die Funktion, die man integrieren will, soll aus zwei Faktoren bestehen.
Nennen wir den einen Faktor  u(x), den anderen nennen wir v'(x).            ⇒    f(x) = u(x) · v'(x)
Den Faktor u(x) muss man ableiten, also man sucht u'(x), den Faktor v'(x) muss man aufleiten, also man sucht v(x).
Die Formel Produktintegration lautet:

Beispiel r.
Bestimme die Fläche, die f(x)=3x·e0,5x-1 mit der x-Achse und den Geraden x=1 und x=2 bildet !
 
Lösung:
Wir müssen ein Produkt integrieren, welches aus den beiden Faktoren „3x“ und „e0,5x–1“ besteht.
Die Formel für die Produktintegration lautet: ∫u·v'dx = u·v–∫u'·v dx     

Beispiel s.

Eine vielleicht Gans interessante Frage:
Welchen der beiden Terme sollte man bei einer Produktintegration als u wählen, welchen als  v' ?
Leider kann man auch dieses nicht definitiv sagen.
Es gibt ein paar Funktionstypen bei denen man es sagen kann, zum Beispiel:
(x-Term) · (e-Term)       da sollte der x-Term immer u sein, der e-Term immer v'  [vgl. Beispiel r.]

(x-Term) · (ln-Term)      da sollte der x-Term immer v' sein, der ln-Term immer u  [vgl. Beispiel t.]

Pi mal Daumen kann sagen, dass man meist den hässlicheren Term aufleiten sollte und den einfachen Term sollte man ableiten. (Gilt leider nicht immer.)

 

Beispiel t.
Sagä sovort de Stammfunkzion vun de  f(x) = x2·ln(x)

Lösung:
F(x) = ∫x²·ln(x)=  


Beispiel u.
Bestimmen Sie die Stammfunktion von   f(x) = (x²–3)·e2x–2

Lösung:

Bei der Produktintegration stößt man öfter auf einen ganz bestimmten Trick:  Und zwar, wenn man auf der rechten Seite das gleiche Integral erhält, wie das mit dem man angefangen hat.


Beispiel v.
Bestimmen Sie die Stammfunktion von   f(x) = 6·sin(x)·cos(x)

Lösung:


Betrachten Sie mal, was links steht. Das ist das anfangs gesuchte Integral
Damit ist  F(x)=3sin(x)·sin(x)  die Stammfunktion.


 

 

 

[A.14.06] Integration durch Substitution;  oder kurz: Substitutionsregel

Ein Spezialfall der Substitution ist die lineare Substitution, welche wir in [A.14.03] Lineare Substitution bereits betrachtet hatten. Hier folgt also die verallgemeinerte Theorie.

Betrachten wir `mal die Funktion:


Man bemerkt vielleicht [irgendwann], dass der Zähler die Ableitung vom Inneren der unteren Klammer ist.  D.h. „x²–3x+2“  gibt beim Ableiten  „2x–3“.
Um so etwas geht es bei der Integration durch Substitution:
Es muss zwei Terme geben, wobei die Ableitung vom einen [meist dem komplizierteren], zufällig der andere Term ist.

Eine Sache, die Ihnen auch noch merkwürdig erscheinen dürfte, ist die mit dem „dx“. Als Sie irgendwann die Integrale zum ersten Mal sahen, hat man Ihnen vermutlich erzählt, das „dx“ hätte keine Bedeutung, sondern würde nur am Ende des Integrals dumm `rum stehen und sich des Lebens freuen.
Da ich ein gemeiner Kerl bin, erzähle ich Ihnen trotzdem nicht was es mit dem „dx“ auf sich hat. Man kann allerdings mit dem „dx“ rumrechnen und es kürzen, ersetzen, usw.
Sie erhalten jetzt großzügiger Weise von mir zwei Merksätze und versprechen mir dafür im Gegenzug, nicht zu fragen: „Waruum?“ und „Wiesoo?“
Bei der Integration durch Substitution gilt immer:


 

 

Sonstige Substitution

Ich denke so langsam müsste der Punkt kommen, an dem Sie denken, Substitution einigermaßen zu verstehen. Also ist es für mich an der Zeit zu erzäh­len, dass man die Substitution noch weit vielfältiger einsetzen kann. Substitution funktioniert auch in vielen Fällen, in denen weder die Ableitung vom anderen Term dasteht, noch lineare Terme substituiert werden. Das Problem ist, man kann nicht haargenau sagen, bei welchen Funktionstypen Substitution funktioniert und bei welchen nicht. Man muss einfach ausprobieren und schauen ob man zu einen vernünftigen Ergebnis kommt.
[Das werden Sie auch später als Suuper-Duuper-Mathematiker-Guru leider nicht anders können.]


Beispiel af.
Bestimmen Sie die Stammfunktion von f(x) = 
Lösung:
Normaler Weise ist man versucht das Innere der Klammer zu substituieren, also u=2x–3. u'=2 steht aber nicht oben. [Das „x“ ist zu viel, die Zahl „5“ wäre egal.]
Trotzdem substituieren wir u=2x-3 und wenden einen klitzekleinen schnucklig-knuffigen Trick an.

 

 


[A.14.07] Partialbruchzerlegung

Die Partialbruchzerlegung ist ein mächtiges Werkzeug um sehr viele Brüche aufzuleiten. Zähler und Nenner dürfen jedoch nur aus Polynomen bestehen [es dürfen also keine sin-, cos-, ln-Terme oder e-Terme oder etc. vorkommen].

Vorgehensweise:
1.    Potenz des Zählers [oben] muss kleiner als die des Nenners sein. Ist das nicht der Fall, muss erst eine Polynomdivision durchgeführt werden, man teilt also den Zähler durch den Nenner. [siehe Beispiel aj.]
2.    Der Nenner muss in Linearfaktoren zerlegt werden. Man bestimmt daher zuerst alle Nullstellen des Nenners. Hat der Nenner weniger Nullstellen als seine Hochzahl beträgt, so ist keine Linearfaktorzerlegung und daher keine Partial­bruchzerlegung möglich. [Doppelte und dreifache Nullstellen werden dabei doppelt und dreifach gezählt, d.h. y=(x–2)2 hat hierbei zwei Nullstellen, beide bei x=2.]
3.    Man zerlegt den Bruch in viele kleine Brüchelein, jeder Bruch hat oben einen Parameter (A, B, ..) und unten einen Linearfaktor. (siehe Beispiele)
4.    Man bestimmt die Parametern aller Zähler in dem man mit dem Hauptnenner multipliziert und danach geschickte Zahlen einsetzt (z.B. alle Nennernullstellen).
Detaillierte Erläuterungen folgen dann im Rahmen der Aufgaben.